Sanfour

Renate am Dienstag, 22.11.2011:

Sanfour, eine Katzengeschichte….

Kater Sanfour – mit 3 Montane aus Tunesien eingereist, mit 9 Monaten ausgesetzt, mit 2 Jahren von uns aus einer Tierfgarage geholt und aufgenommen: bei uns ist dieser inzwischen knapp 10 Jahre alte Kater ein verträglicher Chef im Ring.

Tagsüber geht er nach nebenan in seine Zweitwohnung mit Mensch und Katze: zu Frau Käm und ihrer Katze Tinka.  Dort nimmt er sein Frühstück zu sich – er frißt dort ALLES(!) – dann schläft er eine Runde, anschließend geht er in den Gärten spazieren. Am Abend schlendert er zu uns zurück, wenn ich ihn rufe. So geht das nun schon lange gut. 

Sanfour ist knapp 10 Jahre alt und wohnt seit 7 Jahren bei uns, er gehört uns aber nicht. (Wir bezahlen aber seine Tierarztrechnungen!) Er gehört – wenn überhaupt (zu) einem Menschen und nicht nur sich selbst  – unserer Nachbarin Frau Käm. Diese hatte sich in den ausgesetzten Streuner verliebt und ihn vor 9 Jahren parterre wohnend bei sich aufgenommen. Sie füttert ihn seitdem einmal am Tag morgens. Wir das andere Mal abends.

Sanfour war Frau Käms 1. Wahl, aber dummerweise hat ihr Sohn seiner Mutter dann zu Weihnachten ein im Wald gefundenes Katzenbaby geschenkt. Dieses Katzenbaby wurde Frau Käms Erstkatze Tinka.

Man kann sich vorstellen, welche Höllenqualen der Eifersucht der auf Rang 2 verwiesene Kater Sanfour durchlitten hat, als er bemerkte, dass er nur noch die 2. Geige spielte und dass ihm sein komfortabler heimischer Herd mit Frauchen im Einzelkatzendasein  nicht einmal mehr ganz sicher war. Er hat seinen Hass auf das Katzenbaby nicht bremsen können und die rivalisierende Erstkatze immer wieder so stark attackiert, dass Blut geflossen ist. Wir waren uns alle im Klaren darüber, dass er es ernst meinte und dass er erst wieder Ruhe geben würde, wenn die bevorzugte Katze tot sein würde.

So weit hat deren Halterin es aber nicht kommen lassen. Sanfour wurde zwar noch mitgefüttert, aber draussen. Er durfte nicht mehr rein – und Erstkatze Tinka, durfte nur noch raus, wenn er gerade nicht zu sehen war. Sanfour bezog dann anläßlich eines Krankenhausaufenthalts von Frau Käm die Tiefgarage in unserer Strasse, in der er 2004 vergiftet werden sollte, weil seine Fussspuren auf den dort abgestellten Nobelkarossen zu sehen waren.  Er war nämlich ein kluger Kater, der seinen Schlafplatz verlegte sobald wieder ein Auto mit noch warmer Motorhaube eingeparkt war.

Da wir Bescheid bekommen hatten,  konnten wir ihn rechtzeitig aus der Garage holen und bei uns in der Küche unterbringen – natürlich mit den größten Bedenken, denn er war als freiheitsliebender, rauhbeiniger Kiezkater bekannt und gefürchtet. Wie kann ein mit anderen Katzen nicht kompatibler Freigänger den Winter eingesperrt in einer Küche von 12 qm aushalten? Und das zusammen mit 18 anderen Katzen in einer Wohnung von 75 qm (+ 75 qm Freigehege)? Wir dachten natürlich: Das wird gar nicht gehen, es gibt sicher Mord und Totschlag.

Aber es kam ganz anders: Sanfour freute sich, dass er endlich irgendwo mit im warmen Nest sitzen durfte und dass er jeden Tag gefüttert wurde. Es war Winter, das kam uns entgegen, denn er wollte gar nicht raus ins Kalte – oder wenn, dann nur kurz…

Erstaunlicherweise vertrug er sich auch mit unserer Küchen-Chefkatze Sheela, man konnte sogar meinen, die beiden mochten sich richtig… Zur Nachbarin wollte er kaum noch, die Besuche bei ihr wurden  über den Winter  immer seltener und kürzer… Unübersehbar genoss Sanfour auch  unsere menschlichen Zusammenkünfte in unserer Küche – und dass er dabei mit am Tisch sitzen durfte.

Als der Winter vorüber war, fühlte er sich uns zugehörig. Im Frühjahr durfte er unser Katzengehege verlassen, er spazierte täglich zwei bis drei Stunden durch die Grünanlage im Innern unseres Blocks umher und kam bald schon von selber zurück. 

So ging das jahrelang gut…

Nach und nach bemerkten wir aber, dass unser Kater sich wieder mehr der alten Pflegerin zuwendete. Er benahm sich jetzt manierlicher, griff die beneidete Erstkatze Tinka  bei Frau Käm nicht mehr an – aber Tinka begriff das nicht und kreischte los wie eine Verrückte sobald sie ihn sah…

Wir warteten also vorsichtig optimistisch ab, wie es weitergehen würde – durchaus in der Hoffnung, dass die beiden Katzen bei Frau Käm sich eines Tages tolerieren würden. Es ist ja gar nicht zu begreifen, warum Sanfour BEI UNS in Frieden mit 15 anderen Katzen leben kann und nebenan nicht mal mit einer!  Es stand auch im Raum, dass die inzwischen durch einen Unfall sehr kranke Katze eines Tages vor unserem Sanfour versterben könnte…   

Viele Wochen, Monate und Jahre ging es gut und immer besser. Sanfour war lammfromm – und die Erstkatze regte sich immer weniger auf.

Sanfour erlebte sogar das zweifelhafte Glück, dass ihn ein Mitglied der Familie, die ihn vor 10 Jahren ausgesetzt hatte, bei uns besuchen kam. Er grüßte kurz, strich einmal ums Bein und verschwand dann auf Sicherheitsabstand. „Kein Interesse – komm mir nicht zu nahe! “ bedeutete das.. 

 Sanfour, der tagsüber bei Frau Käm und ihrer Katze Tinka lebte und sein Revier im Auge behielt, kam dann abends zum Dinner und zur Nachtruhe zu uns zurück – damit kamen wir alle sehr gut zurecht: Unsere derzeit  noch 13 Senioren und auch die Mitglieder der Pflegefamilie nebenan. 

Doch leider hat  Frau Käm vorige Woche etwas ganz falsch gemacht: Er lag neben ihr auf dem Sofa und schlief, da hat sie ihn gestreichelt. Er hat sich wohlig auf den Rücken gedreht, sie hat ihn weiter gestreichelt. Und das fand er ganz verkehrt: Sanfour ist erwacht und aufgesprungen wie von der Tarantel gestochen. Dann hat seine alte Freundin mehrmals wie von Sinnen in die streichelnde Hand gebissen. Es floß viel Blut, denn Frau Käm muss wegen Durchblutungsstörungen einen Blutverdünner einnehmen.

Frau Käm hätte wissen können, dass Sanfour nicht MIT DEM HÄNDEN gestreichelt werden will – sondern nach Katzenart mit der Stirn des Menschen. Er will mit dem lieben Menschen „köpfeln“ oder „Kopf-Stubsen“ – so, wie Katzen es miteinander tun.   Er will  nicht von menschlichen Händen berührt werden, schon gar nicht, wenn er auf dem Rücken liegt, also wehrlos ist. Das ist wahrscheinlich deshalb so, weil er sein erstes halbes Lebensjahr in einer Familie mit 4 Kleinkindern verbracht hat, die alle an ihm gezogen haben… Vielleicht ist es aber auch sein angeborenes „Markenzeichen“…

oben: Was sagt uns die Stellung der Ohren von Sanfour? Darf man den Kater jetzt anfassen – oder lieber nicht?

Nun ist Frau Käm enttäuscht, weil sie dem Kater, den sie so gern hat, nicht trauen kann. Der Kater ist traurig, dass er bei ihr nicht mehr rein darf. Wir finden es schade, dass es mit der beabsichtigten  Rückgabe des Katers an Frau Käm (und ihren dort für ihn perfekten Haltungsbedingungen)  wahrscheinlich nun doch nicht mehr klappen wird. Er bleibt also bei uns. Wir lieben ihn und er liebt uns – aber wir haben zu viele von diesen irgendwie Schwierigen. Und nicht genug arbeitsfähiges und -williges Personal – und natürlich auch nicht genug Geld für Unterbringung im großen Stil. Die Unterhaltskosten für eine im Tierschutz untergebrachte Katze kosten den Träger im Jahr durchschnittlich 1200 – 2500 € – je nach Standard:  bei uns sind es etwa 1200.- €, also eher wenig. Das liegt daran, dass manche Katzen bei uns keine Mietkosten verursachen, weil sie  in Gruppen mit in der Wohnung vom Katzenschützer leben. Das ist nicht immer ideal und manchmal ist es auch ganz verkehrt – und zwar für beide Seiten…

Zurück zu unserem ständigen Gast Sanfour: Frau Käm ist nicht nachtragend – und die Hand ist inzwischen zum Glück schon wieder verheilt (wenn es ordentlich blutet, dann dringen die Bakterien, die sich an den Katzenzähnen befinden, meist nicht in die menschliche Blutbahn ein – schlimmer sind Bissverletzungen, bei denen die Bakterien im Unterhautfettgewebe stecken bleiben, also solche, wo nicht durchgebissen worden ist…) 

Ein paar Tage nach der rohen Attacke rief Frau Käm mich an und meinte, nachdem sie sich von ihrem Schrecken erholt hatte: „Der Sanfour ist ja eigentlich ein lieber Kerl, er hatte wohl nur einen schlechten Tag – aber so was haben wir ja auch manchmal!“

Wir sind gespannt wie es nun weitergeht. Frau Käm hat auf jeden Fall sehr viel Glück gehabt – denn Katzenbisse sind oft nicht ohne: sie können schwerwiegende Folgen für den Gebissenen  haben.

„Liebsein“, das geht bei Sanfour so:

Rena-Fu-Grüß_DSC1212[1]

 

9. „Sanfour“, unser 9 Jahre alter Tunesier aus Sousse,  ist laut „SNAP-Combi-plus-Test“ von idexx am 2. 8. 2011 Leukose-negativ (Antigennachweis von Antigen p27). Er  wurde sofort nach der Testung geimpft.

Zu spät (um es zu verhindern) erfuhren wir, dass dieser Test nicht sehr aussagekräftig ist. Man sollte ihn im monatlichen Abstand mehrmals wiederholen,  wenn  er überhaupt als Grundlage für eine Impfung benutzt werden soll. Er testet nämlich nur die aktuelle Anwesenheit von Antikörpern im Blut, also die derzeitige Existenz einer sogenannten „virämischen Phase“. Die Katze kann aber auch trotz negativer Testung mit DIESEM TEST an einer Leukose krankt sein, denn Leukose-Viren haben die Fähigkeit und die Neigung, sich gelegentlich aus dem Blut zu entfernen und in Organe zu verkriechen, also Nieren, Leber, Rückenmark. Dann sind diese getesteten Tiere Leukose-negativ im Test – aber eben doch mit dem Erreger verseucht. 

Ratsamer ist deshalb vor der Impfung die Testung mit einem anderen Leukose-Test (auch von idexx: Leukämie Virus-DNA), der das Vorhandensein von Leukoseviren-DNA erfaßt und damit testet, ob die betreffende Katze jemals in ihrem Leben mit Leukoseviren zu tun hatte. Er erfasst auch die derzeit inaktiv in der Katze schlummernden Leukoseviren, also die nicht ansteckende, latente Erkrankungsphase.

Es spricht gegen die Qualität eines Tierarztes, wenn er einen wenig aussagekräftigen Test vor eine Impfung setzt. Wir haben es deshalb jetzt so gemacht, dass wir den frisch geimpften Kater bei einer Nachbarin untergebracht haben, damit wir für den Fall, dass er in den nächsten Wochen an Leukose erkrankt, wenigstens wissen, warum… und eben auch ganz genau wissen, dass er sich die Viren NICHT JETZT NOCH NACH DER IMPFUNG in unserer Pflegestelle geholt hat…            Re am 5. 8. 2011

Die Seite wurde zuletzt geändert am 11 Februar 2014.