Zwei Kater aneinander gewöhnen

Story 01/2001:

 Zwei Kater aneinander gewöhnen

von Regina Horst und Udo Fischer 

 

Balou, der Kater im Vordergrund des Bildes, ist 8 Jahre alt und hat seine sehr geliebte Gefährtin Suna vor ein paar Monaten verloren. Nun haben seine Halter den roten, etwa 9 Monate alten Kater „Sansibar“ als neuen Gefährten für ihn ausgesucht.

Sansibar ist schon ziemlich weit herumgekommen: In Brandenburg, auf dem Bauernhof geboren, wurde er davor bewahrt, im Alter von 5 Wochen vom Bauern ersäuft zu werden. Er kam zu einer Dame, die zwei alte Katzen hatte. Deren Bevormundungen hat er sich nur so lange gefallen lassen, wie er noch zu klein war, um sie so richtig aufzumischen.

Kaum sechs Monate alt war er schon geschlechtsreif, markierte die Wohnung und schlug die beiden alten Katzen blutig … Er musste also dort weg und kam in unser damaliges „Tierheim“ …  wo „Mammi“ auf ihre einmalige, nicht prügelnde Weise versucht hat, ihm Manieren beizubringen… Sie hatte einigen Erfolg …

Er ist vor einer Woche kastriert worden, nachdem er schon im Alter von 7 Monaten einen Wurf gezeugt hatte.  Und er hat bisher in einer Katzengruppe gelebt, die nicht immer nur nett zu ihm war. Allerdings hat er durch seine ungeschickte Art die Aggressionen der anderen Katzen meistens provoziert: So wie ein richtiger Halbstarker, der aufgewachsen ist ohne feinfühlige soziale Kontakte und ohne Achtsamkeit zu  lernen.

Bild 1:

Wie man sieht, ist das von Menschen zusammengestellte neue Paar keine Liebe auf den ersten Blick. Die angelegten Ohren zeigen die Antipathie.

2. Die Halter basteln ein Gitter. Dieses wird so in einer Tür befestigt, dass sie für Menschen noch begehbar ist. Die Katzen können aber nicht hindurch.

Sie können sich beschnuppern und anfauchen, aber nicht schlagen und beißen.

Das Gitter teilt die Wohnung in zwei Reviere, so dass jeder Kater sein eigenes Reich hat. Der Revierkater (bis dato) „Balou“ hat einige Mühe damit, den Neuankömmling zu dulden und ihm eine Hälfte der Wohnung abzugeben.

Das Futter wird vor und hinter dem Gitter serviert, so dass beide Kater gleichzeitig und nebeneinander fressen, aber aus verschiedenen Näpfen … 

Bild 2:

Bild 3:

Zwar hat jeder Kater sein eigenes Revier, aber man kann sich leicht vorstellen, dass es für jeden der beiden nichts interessanteres gibt als den Kollegen auf der anderen Seite des Gitters.

Dabei werden die Reviere von Zeit zu Zeit getauscht, damit sie abgeschnuppert werden können …

„Sansi“, der rote, sieht noch etwas „verhuscht“ aus – ihm ist offensichtlich durchaus bewusst, dass er zwar für interessant gehalten wird, dabei aber nicht erwünscht ist…

Bild 4:

„Balou“ hat nach ein paar Wochen begriffen, dass ihm seitens „des  Roten“ nichts passiert solange dieser hinter dem Gitter sitzt.

Da dieser ihn auch oft ignoriert und die Halter mehr schätzt als ihren Kater, beginnt „Balou“ damit, sich für „Sansi“ interessant zu machen. Er robbt auf dem Rücken möglichst dicht ans Gitter heran und langt auch schon mal mit einer Pfote unten durch, quasi als Einladung zu einem Spielchen.

Das beeindruckt den intelligenten „Sansi“ nicht besonders …. Aber er schaut wohlwollend dabei zu.

Bild 5:

Inzwischen sind ein paar Monate vergangen: Die Familie ist umgezogen. Es gibt in der neuen, größeren Wohnung  wieder ein Gitter, das sie in zwei Reviere unterteilt. Dieses wird nur geöffnet, wenn die beiden Halter zu Hause sind und darauf achten können, dass die Streitereien zwischen den beiden Katern nicht zu aggressiv werden…

Witzigerweise haben die Leute die Wohnung bezogen, in der „Sansi“  (mit vielen anderen Katzen) gelebt hat, bevor er an die Familie F. abgegeben worden ist. Er ist also zusammen mit der neuen Familie in sein altes Revier (also ins ehemalige, rundumerneuerte Tierheim) gezogen. Obwohl diese Wohnung grundsaniert  worden ist, wobei alle Flächen neu versiegelt wurden, erkennt „Sansi“ nach dem Umzug sein altes Reich sofort wieder.

Er hat nun Oberwasser und reagiert nun auch (nicht nur, weil er sich inzwischen an „Balou“ gewöhnt hat) gelassener auf alle „Späße“ seines gelegentlich aufbrausenden Mitbewohners.

Aber er sucht noch Deckung, wenn er sich zum Schlafen legt. 

Bild 6:

Inzwischen sind schon wieder ein paar Monate vergangen. Es ist (wieder) Sommer. „Sansi“ und „Balou“ hatten nun schon ein Jahr lang Zeit, sich aneinander zu gewöhnen.

Man kann noch nicht mit Sicherheit sagen, dass sie sich mögen. Aber auf jeden Fall „kaspern“ sie zusammen herum. Sie achten darauf, dass der andere Kater nichts (allein!) macht, was ihm die Gunst oder Beachtung der menschlichen Bezugspersonen einbringen könnte.

Sie folgen sich auf Schritt und Tritt. Ständig macht der eine Kater genau das nach, was der andere vorgemacht hat.

Bild 7:

Es ist eine zeitraubende Arbeit, den Kollegen dauernd im Auge zu behalten und nachzumachen.

Nur gut, dass auf einem langen Menschen Platz für mehrere Katzen ist… wenn die zweite menschliche Bezugsperson mal außer Haus ist oder anderweitig verhindert …

Bild 8:

Nach anderthalb Jahren kann das Gitter endlich abgebaut werden, weil sich die beiden Kater auch dann nicht mehr zerfleischen wollen, wenn ihre Halter außer Haus sind.

„Balou“ hat „Sansi“ akzeptiert und umgekehrt.

Allerdings haben die beiden Kater abgesehen von dem anfänglichen  Groll aufeinander und der Angst voreinander auch Krisen und Krankheiten durchlebt, die sie und ihre Halter arg beansprucht haben: „Sansi“ hatte eine Nierenbeckenentzündung (Blut im Urin) und brauchte Monate lang Spezialfutter. „“Balou“ hat in dieser Zeit einen mäßig schweren Diabetes mellitus bekommen (6 mg Insulin am Tag)

Nachtrag: Balou (links) ist trotz Diabetes mellitus 22 Jahre alt geworden und im März 2011 an Altersschwäche gestorben.

Sehr interessant ist auch zu erwähnen, dass „Sansi“ ein furchtbar unsauberer Kater war, der permanent die Wohnungen seiner Vorbesitzer verunreinigt hat (per Kot und Urin: er war also vorher nicht dazu zu kriegen gewesen, ein Katzenklo aufzusuchen). Diese Unsauberkeit war auf einmal weg, als er von dieser Familie (die Vermittlung an eine andere Familie war vier Wochen vorher gescheitert, weil der Kater im neuen Heim wiederholt ins Bett der Kinder und auch der Mutter gepinkelt hatte) aufgenommen worden war: eine Woche nach seinem Auszug aus dem „Tierheim“ und zwei Wochen nach seiner Kastration war er stubenrein.

Wir hatten alle den Eindruck, ein Wunder erlebt zu haben, denn uns hatte er diesen Gefallen nicht getan.

Er pinkelt jetzt auch nicht außerhalb des Klos, obwohl er wieder in der Wohnung lebt, die er vorher maßlos verunreinigt hat …

Es liegt also wohl auch am Halter oder am Umfeld oder an der Kastration oder an allem zusammen und an noch mehr, ob eine Stubenkatze unsauber ist oder nicht…

Über Pinkelkatzen gibt es demnächst eine eigene Story in unserer Weiterbildungsabteilung…

Die Seite wurde zuletzt geändert am 4 August 2011.