Katastrophenalarm und andere Kleinigkeiten

auch wir Tierschützer leben nicht im luftleeren sondern zumeist im sehr bodenständigen Raum und sind Teil dieses Bezirks und dieser Gesellschaft. Zwangsläufig müssen wir uns also immer wieder mit allen möglichen, auf den ersten Blick fachfremd erscheinenden Fragen des Zusammenlebens beschäftigen.

Der Katastrophen-Übungsalarm sollte gestern um 11 h stattfinden. Ich kenne keine(n), der etwas davon gehört hat. In den Tagesthemen war abends der Verantwortliche zu sehen, der mit diesem Probe-Alarm zufrieden war. Da fragt man sich, zu welcher Bevölkerungsgruppe man gehören muss um gewarnt zu werden – oder ob solche Veranstaltungen zum neuen Bespaßungsprogramm für die Bevölkerung gehören. Man fragt sich, welche Katastrophe vom Bürger assoziiert werden soll – also ob erwartet wird, daß die Havel und die Spree über die Ufer treten. Oder ob wir vor dem Verdursten gewarnt werden, wenn sie kein Wasser mehr führt… 

Oder ob die Verhaftung von 25 alten Adeligen am Vortag (7. 12. 22), die angeblich die Bundesregierung stürzen und ersetzen wollten, auch zu derartigen Programmen gehört. Das hat ja was. Ablenkung oder Unterhaltung, fragt sich da manche(r)(s) (oder eben nin?)? Auf jeden Fall hat das Spektakel die Fantasie von Spaßmachern so angeregt, daß mich einige sehr witzige youtube-Filmchen zu diesem Thema erreicht haben.  

Es kommt mir manchmal so vor, als ob unsere Unterhalter – damit meine ich jede Form von Unterhaltung und Unterhaltszahlungen – sich abnehmend scheuen, Probleme zu schaffen, die sie nicht lösen können, damit wir ehrenamtlich was zu tun und /oder zu lachen haben. Tatsächlich sind angeblich 68 % der (wahlberechtigten) Bundesbürger unzufrieden mit dieser Regierung. Ich kenne viele, die sich eine andere wünschen, aber keinen, der sich wünschen würde, sie zu ersetzen. Ein Austausch der Personen ist auch wohl eher nicht hilfreich. Und dass wir uns andere Politiker, z. B. vom Typ ernsthafter Wissenschaftler,  wünschen, das wurde uns ja in jüngster Zeit auch schon gründlich vermiest. Wie auch der Glaube an die (ent-)täuschenden, abnehmend Grünen Politiker wie Herrn Habeck. Der tut wenigstens, was er für richtig hält. Also was? Wer könnte wirklich wollen, daß ihm die Fehler der Globalisierung und der Europäisierung auf die Füße fallen? Wer könnte sich in einen Politbetrieb begeben wollen, um dort unter Missachtung des Grolls vom angespaßten  Wähler mit gesundem Menschenverstand die seit langem fehlende Strukturiertheit herzustellen und sich getraut, Dinge anzuordnen, die – auch analog! – Wählerstimmen kosten könnten, dafür aber dem Funktionieren und der Gesunderhalt in seinem Lebens- und Verwaltungsbereich dienen. Angefangen davon, dass Kinder und Analphabten Rechnen, Schreiben und Lesen lernen, denn ohne dieses Basiswissen funktioniert auch das Wischen auf dem Handy nicht richtig. Bis hin dazu, daß Alte so weit in die Geheimnisse der Digitalität eingeweit werden, dass sie noch selbständig am Leben teilnehmen und unvermeidbare Behördenkontakte selber tätigen können.

Die 261.000 Obdachlosen in unserem Land finde ich nicht komisch. Die Auflösung der angestammten Werte-Basis auch nicht.  Für die Obdachlosen unter der Lewisham-Brücke gibt es keine Toiletten. Die Notdurf landet im angrenzenden Park und auf den Spielplätzen. Spielen geht nicht mehr. Alles egal?

Die Schreber-Gärten in Schmargendorf sind platt gemacht uns mit Hochhäusern bebaut worden. Die entstandenen Wohnungen stehen angeblich für den asiatischen Markt zum Kauf zur Verfügung!??

Wir müssen gar nicht nach Steglitz gucken, wenn es ums Bauen geht. Hier bei uns am Adenauerplatz wurden alte, preiswerte Wohnungen abgerissen. Dort werden vermutlich bald sehr teure Eigentumswohnungen gebaut, wenn wieder Baumaterial da ist und z.B. Pflastersteine aus China geliefert werden können.  (Wie ja wohl auch im Nachbargarten, dessen Tannen bereits Anfang dieses Jahres dafür gefällt wurden. Die Nachbarn haben gegen den Bau eines 7-geschossigen Hauses an ihrer Grundstücksgrenze geklagt – und verloren.  Der Neubau hat aber noch nicht begonnen.) Was der Bürger-Bewohner, dessen Umwelt ohne sein Einverständnis durch die Obrigkeit verändert wird, möchte und braucht, das ist egal. Das Geld hat immer Recht. Juristen leben in einer künstlichen Welt und nicht in der Welt der wirklichen Erfahrung. Wir beobachten es. Wann fragt mal einer, was wir wollen? Wann bilden sich mal Gruppen, die ehrlich über die real zu erwartenden Zukunftsperspektiven diskutieren und Vorstellungen erörtern, wie sich unsere Gesellschaft auf die wirklichen kommenden Herausforderungen vorbereiten kann. Bei dem unübersehbaren Ausmaß an Ignoranz und dem Vertrauen auf „göttliche“ (oder digitale) Fügung, die uns vor Katastrophen bewahren soll, wird mir schwindelig. 

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