Nun habe ich mich im Netz mal auf die Suche nach einem Anbieter der §-11-Erlaubnis in Berlin gemacht – und keinen gefunden. Folglich gehe ich davon aus, dass der Sachkundenachweis hier immer noch von den kontrollierenden Bezirksämtern ausgegeben wird. Wenn diese einen nicht zum Zweck der Prüfung in ein anderes Bundesand schicken, wobei sie sich selbst aber die Rücknahme der dort erworbenen „Erlaubnis“ vorbehalten. Irgendwie noch merkwürdig und für mich nicht verstehbar. Einen Prüfungskatalog habe ich auch noch nicht gefunden. Nicht mal eine für Berlin gültige, vollständige aktuelle Ausgabe des zuletzt 2013 geänderten Tierschutzgesetzes. Bei der Suche im Netz müssen mir jüngere Mitglieder helfen.
Der nächstgelegene Ort für teure Kurse und Prüfungen für Berliner ist das „Institut Dr. Heidrich“ in Potsdam, also Brandenburg.
In NRW sind die Kursangebote und Schulungen für Tierhalter und Sachkundepflichtige wie Pilze aus dem Boden geschossen. Dort kann man jetzt in einem zweitägigen Kurs eine 11-Erlaubnis schon zum Preis von 100 € erwerben. Dabei sind auch Kursangebote mit Prüfungsabschluss, in denen man lernen kann, wie man sein Tier transportiert. Ist ja nicht zu fassen, was alles man in Kursen so lernen kann. Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine kostenpflichtige Prüfung abgelegt haben muss bevor ich mit unseren Katzen zum Tierarzt gehen kann. Ich verstehe nicht, wie Menschen an brauchbares und hilfreiches Wissen über Tiere (und damit Tierwohl!) kommen können, wenn sie diese nicht um sich haben: Unser Problem in den Katzenstationen ist ja gerade, dass wir dauernd ahnungslose neue Kurzzeit-Helfer bekommen, die „Katzen ja so niedlich finden“ und die wir anlernen und beaufsichtigen müssen. Wir können neue Helfer mit den Tieren nicht allein lassen , da sie zu wenig Wissen mitbringen und das Verhalten DIESER Tiere vor Ort nicht kennen und einschätzen können. Für uns erschwert die Anwesenheit von Fremden / Lehrlingen die Erkennbarkeit von gesundheitlichen Störungen, da sich das Verhalten der Tiere durch fremde Menschen am Ort verändert. Das Betreuen und Beschulen von Anfängern bedeutet damit erhebliche Mehrarbeit. Aber nur by doing und „gezielt draufguckend angeleitet“ können Interessierte „Katze lernen“. Wenn sie lange genug mitarbeitend beaufsichtigt hier bleiben, werden sie irgendwann auch mal hilfreich für uns. Theoretiker helfen uns da kaum. Wir brauchen Leute, nach Plan arbeiten und erscheinen können, die ohne mich z. B. kranke Katze erkennen, eine Katze festhalten, in den Korb tun, Insulin spritzen und eine Pille reintun können, die auch drin bleibt. Die zuverlässig selbständige Mitarbeit verschiedenster Art einbringen können.
Ich habe gut sortierte und daher hilfreiche Info zum Thema §11 im Netz gefunden, weiß aber leider nicht, wer sie reingesetzt hat und ob sie behördlicherseits verbindlich gilt:
1_mitteilung_zur_aenderung_des_tierschutzgestzes
Nun muss ich mir noch mal Gedanken darüber machen wie es um die kulturellen Voraussetzungen von Tierhaltern in Berlin im Zeitalter der Globalisierung und Gentrifizierung bestellt ist, also um das, was sie im Umgang mit Tieren für „richtig“ halten:
Katholiken, Konfessionslose, Juden, Moslems, Chinesen, Japaner, Kameruner, Polen, Türken, Inder, Perser, Algerier, usw., also was wir so im Haus oder im Umfeld haben. Was ist ihrer Meinung nach „artgerecht“, wie stehen sie zu Kriterien für Katzenvermittlung Kastrationsverordnung und Chippflicht? Es geht natürlich immer um den Einzelfall.
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Und endlich wird mir auch klarer, warum mir der Zwang zur §-11-Erlaubnis für Tierschützer so zuwider ist:
Der Sachkundenachweis ist vorgeschoben. Es handelt sich nicht um eine normale Ausbildung mit Beendigung durch eine Prüfung wie jeder andere sie auch macht, egal ob Pastor, Arzt, Handwerker, Pilot, Autofahrer usw. also alle, die etwas oder eine Arbeit tun wollen. Normalerweise führt eine „Prüfung“ zu einem formalen Abschluss, der eine Befähigung zu selbständiger, unkontrollierter Tätigkeit eröffnet.
Diese „Sachkundeprüfung“ nach § 11 eröffnet nicht die Erlaubnis zu selbstständigem Umgang mit Tieren und Haltern durch Nachweis von Kenntnissen und Wissen sondern sie ist die Eröffnung für fortgesetzte Kontrolle und Manipulation durch die Behörde. Nicht mehr der Tierschützer bestimmt selber sie Arbeitsabläufe und Vorgänge, sondern die sich unentwegt einmischende Behörde, die Arbeit für Tier- und Halterwohl nicht kontrollieren kann, bestimmt, was Tierschützer tun sollen und wie sie es tun sollen. Und zwar im Einzelfall und je nach eigenem Gutdünken. Das geht gar nicht.
Ich habe von Tierschutzvereinen mit 11-Erlaubnis gehört, dass so jedenfalls die Praxis aussieht. Wenn das das Ergebnis des behördlich verordneten Strukturwandels ist, gibt es bald keine (kleinen) Tierschutzvereine mehr.
Wohin dann mit den schutzbedürftigen Tieren? Die Anbindung von Pflegestellen an große Tierschutzvereine mit 11-Erlaubnis ist m. E. keine gute Lösung, denn unter deren Dach sammeln sich dann unkontrollierte Großpflegestellen mit sehr großer Anzahl von Tieren ohne eigene 11-Erlaubnis. Das dient sicher dem Tierwohl so wenig wie heimliche Messi-Haltung ohne 11-Erlaubnis.