Thema: Freigänger in der Stadt

20. 5. 2015

Wir haben ein neues Problem mit einem freilaufenden jungen unkastrierten schwarzen Kater in unserem Ku’Damm-Karree in Charlottenburg: „Beau“ (Bo) heißt er, und schön ist er. Er ist der neue Zuchtkater von den schräg gegenüber lebenden Leuten aus Damaskus, die vor 13 Jahren hier unseren ebenfalls sehr schönen Sanfour aus Sousse (laut Impfpass) als gerade frisch importierten Jungkater ausgesetzt hatten, weil sie plötzlich weg mussten.

Alle Leser unserer Seite und alle Anwohner im Karree kennen unseren alten roten Straßenkater „Sanfour“, den wir vor etwa 10 Jahren aus einer Tiefgarage gerettet haben, wo er lebte – und wo er vergiftet werden sollte, weil er auf den dort untergebrachten Nobelkarossen herum gesprungen ist. Er war im Alter von etwa 7 Monaten von einer Familie aus Nordafrika ausgesetzt bzw zurückgelassen worden, die von einem auf den anderen Tag verschwunden war und Sanfours Impfpass bei den Nachbarn zurückgelassen hatte.

Wir haben ihn dann mit 3 Jahren aus „seiner“ Tiefgarage geholt und aufgenommen, gezähmt, domestiziert, ernährt, gepflegt, geimpft und über die Jahre mehr als 5.000 € für diesen Kater ausgegeben – gar nicht mitgerechnet die Tierarztkosten für die von ihm verletzten anderen Kater in unserem Gehege und im Karree. Inzwischen röhrt er npch mit den anderen, aber sie hauen und verletzen sich (meistens) nicht mehr.

Familie F., inzwischen wieder aufgetaucht, hat nun also zwei neue Katzen: beide unkastriert: eine graue Katze und einen schwarzen Kater. Ursprünglich hatte sich die erwachsene Tochter des Hauses mit der Bitte um „neue Babykatze“ an mich gewand, wobei sie „Babykatze“ für eine Rasse hielt, die nicht wächst sondern lebenslang klein bleibt. Von mir haben sie keine neue Katze bekommen. Sanfour konnten sie auch nicht bekommen, denn er ist seit 13 Jahren Freigänger und dominanter Pinkelkater. Die neuen, jungen Katzen haben sie von jemand anderem. Die unkastrierte und inzwischen trächtige Katze sitzt nun zu Hause und wartet auf die Niederkunft, der unkastrierte Kater „Bo“ läuft frei und vermöbelt und verletzt die seit Jahren parterre friedlich miteinander lebenden Freigänger  der Anwohner.

Vorgestern (Montagabend) gegen 20:30 h hat er sich mit Sanfour gehauen: nun ist Sanfour verletzt, er läuft auf 3 Beinen. Er hat sich verkrochen, denn es geht ihm schlecht. Dr. vom Hove hat eine Wunde unter dem Fuß gereinigt und die Gabe von Antibiotika angeordnet.

Ich war bei den Eigentümern von Bo und habe ihnen erzählt, dass ihr neuer Freigänger die Nachbarkatzen (und auch den alten seinerzeit von ihnen ausgesetzten Kater, der jetzt bei uns lebt) verhaut und verletzt: Das fand der Sohn des Hauses witzig.

Das hat mich geärgert: Schließlich habe ich den von diesen selben Leuten damals (2002) ausgesetzten Kater Sanfour auch nicht aus Vergnügen gerettet oder weil ich zu viel Geld habe, sondern weil es keinen anderen gab, der diesen damals schwierigen Kater aufnehmen konnte und wollte. Sanfour ist damals am Oberlicht in die Parterrewohnungen vom Karree eingedrungen und hat die Katzen der Anwohner IN DER WOHNUNG so vertrimmt, dass sie geblutet haben. Er war verzweifelt und wollte ein EIGENES ZUHAUSE ohne Zweitkatze. Und brauchte eben eine Soziotherapie für dominante, nicht stubenreine Freigänger. Das alles gab es aber hier nicht im Angebot, denn alle Parterrebewohner hatten bereits freilaufende Katzen.

Die Nachbarn, deren Katzen er verhauen und verletzt hatten, wollten ihn deshalb ins Tierheim bringen. Damit wird das Problem aber nicht gelöst, fand ich, sondern nur räumlich verschoben, denn so ein Kater wird an einer Futterstelle ausgesetzt. Er wird dort auch die anderen Katzen demolieren. Das haben die Nachbarn verstanden. Deshalb wollten sie nun, dass WIR BERLINER STADTKATZEN e.V. ihn in unserer kleinen Katzenpflegestelle mit Freigehege eingesperrt halten, damit er ihre Katzen nicht vertrimmen kann. Das hatten wir dann erst mal gemacht. Sanfour hat im Winter 2005 in unserer Küche gelebt, dem einzigen „Einzelzimmer“, das damals frei war.

Weil ich mich gestern darüber geärgert habe, dass die Eigentümer vom neuen Kater „Bo“ es witzig finden, dass ihr junger Kater nun ihren alten, bei uns lebenden Kater Sanfour verletzt, habe ich ihnen gesagt, dass ich ihnen über unseren Anwalt alle Tierarztrechnungen zwecks Bezahlung zukommen lassen werde, die ihr neuer Kater verursacht.

Damit bin ich zwar juristisch nicht im Recht (denn wir haben ja bis jetzt noch keinen Katzenführerschein, keine Kastrationspflicht, keine Kennzeichnungspflicht und keine Zuchterlaubnis) meines Achtens aber traditionell, kulturell, tierschutzbewußt – und alltagspraktisch.

Zunächst einmal bedeutet diese personale Veränderung im Karree aber, dass alle Freilauf gewöhnten, parterre lebenden Katzen und Kater vom Karree jetzt vorläufig wieder zu Hause bleiben müssen, weil Familie F. meint, sie können hier einfach ihren neuen unkastrierten Zuchtkater frei laufen lassen ohne sich um irgend etwas sonst selber kümmern zu müssen. (Das meinen ja auch viele andere Menschen!)  Das ist für alle seit Jahren hier im vertrauten sozialen Gefüge lebenden alten Kater so richtig Mist.

Nachtrag: Wie ich gerade in meinen emails lese, wollen sie Bo nun aufgrund meines Gemeckeres einschläfern lassen oder ins Tierheim bringen anstatt ihn kastrieren, chippen, entwurmen, entflohen und impfen zu lassen und dann drinnen zu halten.

Exkurs: WIR wissen, warum wir einen Katzenhalterführerschein fordern, Kastrationspflicht und Chippflicht! Aber leider sieht das Land Berlin das anders. Anstatt uns zu geben, was wir dringend brauchen, hat Dr. Nöldner vom Senat für Justiz & Umweltschutz dem Tierheim Berlin vorige Woche 20.000 € geschenkt, damit dieser arme Verein, der ständig Geld für Bautätigkeit braucht aber kein Geld für die Verweildauer von Tieren in seinen Räumen hat (siehe unsere webseite) davon kostenlose Kastration für die Katzen der Berliner anbieten kann. Wer hat gesagt: „Das ist ja wohl ein PR-Gag!“ Auf jeden Fall könnten diese 20.000 € dabei helfen, dass Foustoks ihre Nachwuchskatzen kastrieren lassen – wenn denn diese Leute bereit dazu wären, mit ihren Nachwuchskatzen ins Tierheim nach Hellersdorf-Hohenschönhausen zu fahren. Ende Exkurs

Man merkt mir sicher an, dass ich angesäuert bin, weil ich verletzte Tiere im Kiez, Kosten und Arbeit ohne Ende auf mich zukommen sehe, was alles nicht nötig wäre, wenn wir vernünftige Tierschutzverordnungen und einen vernünftig organisierten, kundennah bezirklich aufgestellten und gut verzahnt zusammenarbeitenden HAUSTIERSCHUTZ in Berlin  hätten. Haben wir aber eben leider nicht. Nebenbei sei auch noch mal bemerkt, dass die Finanzierung unserer Tierschutzarbeit immer noch zum überwiegenden Teil aus Bärbels und meinen Spenden erfolgt.

24. 5. 2015  Inzwischen vermöbelt Nachbarkater „Bo“ (Beau) unsere Katzen nicht mehr, denn wir haben ja 2 kleine Freigehege, die unsere 7 noch anwesenden Ex-Strassenkater nun nicht mehr verlassen dürfen. Aus Angst vor Verletzungen und auch vor dadurch verursachten Kosten. Und natürlich auch, weil ich wirklich keine zusätzliche Arbeit brauche. Die übrigen Freigänger haltenden Anwohner vom Karree sind aufgefordert, sich um den Erhalt ihrer alten Katzen selbst zu kümmern. Natürlich sind unsere alten Kater sauer darüber, dass sie nicht mehr raus dürfen. Sie möchten sich nun gegenseitig verklopfen statt mit Bo. Deshalb halten wir sie nun in Einzelzimmern.

Problem gelöst?

Leider nicht, denn „Bo“ markiert jeden Grashalm um unser Grundstück herum, er kackt große Haufen mit Frischblut drauf  beim Nachbarn von Dahlmannstr. Nr. 11 in den Kies (d.h. vermutlich hat er Giardien oder Würmer, in dem Kies spielen Kinder – und Giardien und Würmer sind ansteckend). Ganz sicher hat er Flöhe, denn die Keller und Gärten sind durch die Vernichtung der Ratten und Mäuse mal wieder voll davon.

Das kann mir alles egal sein, denn unsere Wohnungen sind gefoggert und unsere Katzen mit FrontlineCombo imprägniert und mit Milbemax entwurmt. Ich werde sie auch an Bo’s Hinterlassenschaften nicht dran lassen um gegen Giardien vorzubeugen, denn die wieder wegzukriegen ist eine langwierige, schwierige und teure Arbeit..

Der Gestank wird allerdings allenthalben unerträglich, denn durch die Markierungsdüfte vom unkastrierten Kater Bo an unseren Gehegegrenzen fühlen sich unsere in Einzelzimmern mit Freigehe gehalten Ex-Strassenkater leider doch dazu animiert, gegen Bo’s Gestank anzustinken um ihm klarzumachen, wo ER NICHT wohnt. Unsere Katzenwohnung war gerade generalgereinigt und renoviert worden. Das kann man nun vergessen. Ich bin sehr froh, dass ich dort jetzt nicht wohnen muss. Keine Ahnung wie die Katzen haltenden Nachbarn das machen.

Nachbarin Marketa hat sich inzwischen dazu bereit erklärt, Familie F. in die Grundzüge bundesrepublikanischer Katzenhaltung unter kulturellen, menschenschützerischen und tierschützerischen Aspekten einzuweisen. Vielleicht kriegt sie die Leute dazu, den Kater chippen, impfen, entwurmen und entflohen zu lassen und unseren TA dazu, ihn dann auch gleich zu kastrieren.Vielleicht gelingt es Marketa auch, den Leuten klarzumachen, dass sie die Katzenbabys nicht einfach auf der Strasse aussetzen dürfen, wenn sie ihnen drinnen zu viel kaputt machen oder lästig werden. Und dass sie, wenn sie sie vermitteln wollen, Abnehmer suchen sollten, die bereit und imstande sind, in den zu erwartenden etwa 16 Lebensjahren der neuen Katzen die zugehörigen (mehr als) 10.000 € für jedes Tier aufzubringen, die eine gute Haltung durchschnittlich kostet.

Berliner Vorstellungen von Katzenhaltung dürften allerdings schwer an die Halter von Bo zu bringen sein, denn deren kultureller Hintergrund ist eben anders. Bei solchen Überlegungen ist zu bedenken, dass es ja auch viele sesshafte Einheimische gibt, die die Katze nur im unversehrten (unkastrierten) Zustand für gottgeschaffen, gesund und heilig halten. Das tun ja wohl sogar auch unsere einheimischen Politiker, denn sonst hätten wir Landesverordnungen, die Haustierhaltung in Deutschland regeln und Bedingungen dafür schaffen würden, die nicht auf Profit aus sind sondern auf erträgliches und friedliches Miteinander von Menschen und Tieren (in einer nicht zubetonierten Welt). Ich kann irgendwie das Bedürfnis nach nicht von Menschenhand zerstörter Natur als „Heiliges“ selber auch nachfühlen, letztlich sehen es auch alle Religionen gleich. Sie finden Massensterben, Tod und Elend besser als Verhütung der Erzeugung von Leben mit der Vermeidung von Leid. Die Natur sorgt ja für sich selbst.

Kann aber auch sein, dass Politiker kürzer denken. Und zwar etwa so: je mehr eigene Probleme die Leute haben, desto weniger stören sie uns beim Regieren.

Offenbar brauchen wir mehr Bürgerinitiativen für Direkte Demokratie und dies schnell – bevor unsere Regierung sie verbietet (wie gestern Putin in Russland), weil sie beim Regieren und beim Kungeln stören. Da kann man schon nachvollziehen, warum unser Regierender ganz neidisch ist auf Putin! Dass der das einfach so macht!

Hier also aus aktuellem Anlass noch ein paar Nachdenklichkeiten zum Zeitgeschehen:

Exkurs: Hierzulande brauchen wir Verbote von BIs nicht, weil die Deutschen (pardon, die „sesshaften Eingeborenen“) auf der Flucht sind und auswandern. Es werden schon Freiwillige für die Besiedlung vom Mars gesucht, hörte ich gestern im Fernsehen.

In Berlin wird Mietraum zerstört wie toll und in Investment-Immobilien umgewandelt – und das obwohl die Anzahl der wahlberechtigten Sesshaften in den letzten beiden Jahren von 2,7 Mio auf 2,5 Mio abgenommen hat. Gebaut wird hier also für wen? Für Immobilienspekulanten? Die Heiligen Kühe heißen „Wachstum“ und „Umsatz“. Die Bewohner sollen ihren Sparstrumpf aufgeben und in Immobilien investieren – und dies obwohl oder weil zu erwarten ist, dass die einheimischen Anleger ihr Geld und ihre Immobilie verlieren werden, wenn die Stadt zubetoniert und die zu erwartende Blase da ist.

Aber für diese Themen brauchen wir einen anderen, weiteren Verein und eine eigene webseite.

4. 6. 2015: Und nun wieder „Bo“:

Er springt nach wie vor fröhlich in unserem Karree herum, geht aber offenbar nicht mehr nach Hause sondern frißt was er findet. Warum? Er findet scheinbar genug – und kann zu Hause nicht rein. Und er wird sehr freundlich im Umgang mit mir auf der Wiese beim Nachbarn. Er streicht mir um die Beine und sagt: „Hab mich lieb!“ Puh, was für eine Versuchung!

Mit unseren Katern geht es aber nach wie vor gar nicht.

Ich habe nun also auch das getan, was jeder mit Fundkatzen tun sollte: Ich habe ihm ein Halsband mit unserer Telefonnummer darin umgemacht, damit sich die Halter bei uns melden können, wenn der Kater nach Hause kommt. Ich habe an unserer Pinnwand an der Strasse inzwischen auch eine kleine Suchanzeige mit einer Telefonnummer gefunden und könnte die Halter anrufen, wenn ich Bo draußen irgendwo sehe. Allerdings rennt er meistens, er bleibt nicht lange an einem Ort und ist schneller wieder weg als dass die Halter zum Ort der Sichtung kommen könnten.

Die Seite wurde zuletzt geändert am 4 Juni 2015.