Holländische Schiffskatze Mika

Mika, die Holländerin vom Schiff

Die holländische Maincoonkatze „Mika“ war ihren Haltern am 5. 7. 2015 morgens um 4 h vom Boot gesprungen, als sie am Charlottenburger Ufer in Berlin vor Anker lagen. Sie waren mit dem Boot unterwegs von Groningen nach Eisenhüttenstadt – wie Holländer das eben machen. Sie hatten einen Hund, 4 Katzen und 4 Generationen Menschen an Bord auf ihrer Yacht, von Oma bis Urenkel. Die Halter haben uns sofort um Hilfe gebeten bei der Suche nach ihrer Katze. Wir haben getan, was wir konnten. Aber wir hatten nicht viel Hoffnung.

Wir haben Plakate geklebt und gepinnt. Es haben sich auch Leute gemeldet, die Katzen draußen gesehen hatten. Wenn wir sie gefunden haben, war es immer nicht Mika. Drei Wochen später hat sich dann bei uns der  Mann gemeldet, der die Katze gefunden und mit nach Hause genommen hatte. Der feinfühlige Tierschützer, ein ehrlicher Finder, hat die halb verhungerte Langhaarkatze, die sich in einem Hopfenstrauch verfangen und erklebt hatte, wieder aufge päppelt. Nun wartete sie bei uns darauf, dass ihre Halter aus Holland anreisen, um sie wieder abzuholen. Sie sind schon unterwegs!

Was für eine unglaubliche Geschichte! Wir sind ja noch atemlos vor Aufregung und Erleichterung! Denn, ehrlich, wir hatten ja selber kaum noch geglaubt, dass wir diese Katze  finden und den Haltern zurückgeben können.

Herr Oostebrink hatte mich aber bei seinem zweiten Besuch in Berlin eindringlich gebeten: „Bitte, bleiben Sie dran!“

Ich hatte es versprochen. Aber fahren Sie mal mit dem Rad stundenlang an den Berliner Wasserstrassen entlang ohne dass Ihnen dort auch nur EINE Katze begegnet. Und überhaupt: Vielleicht war sie ja ins Wasser gefallen und ertrunken. Denn die Ufer sind über weite Strecken senkrecht mit Metallplanken befestigt und nicht mit Kletterhilfen bestückt.

Ein Mann war achtsam, selbstlos und ehrlich: Ein Angler, Herr Adler, hatte Mika gefunden, ein tierlieber und sehr aufmerksamer Berliner. Er hatte auf dem Weg zu seinem Angelplatz am Schifffahrtskanal (d. h. eine Wasserstrasse weiter nördlich von der Spree, wo sie verloren gegangen war!) in einem Gebüsch des nördlichen Ufers im Vorbeigehen ein Geräusch gehört. Hier erzählt er uns seine Geschichte:

Herr Adler zeigte uns die Stelle am Schifffahrtskanal in Richtung Beusselstrasse, an der sie festgehangen hatte. Der hellhörige Mann hatte sie nicht gesehen sondern im Vorbeigehen unter dem dichten Gebüsch so etwas wie ein Fiepsen gehört. Sofort war er dem Geräusch nachgegangen, er lief in das Klettrankengebüsch rein. Dann klappte er das Laubdach von der Mauer weg, denn er wollte  sehen, welches Tier dort fest hing und um Hilfe rief:

Hier ist die Stelle, wo Herr Adler Mika gefunden hatte: Sie hing fest unter einem dichten, rankenden Klettgesträuch, in dem sich ihre langen Haare so verfangen hatten, dass sie nicht mehr aus eigener Kraft herauskam. Sie wurde immer schwächer.

Als sie gefunden wurde, waren ihre empfindlichen Krallen an den Vorderpfoten bis auf die Zehen abgeschabt. Vielleicht hat sie an der porösen Mauer am Ufer gekratzt als sie versucht hat, sich selbst aus dem Gestrüpp zu befreien, in dem sie ein regensicheres, gutes Versteck zu finden gehofft hatte und dann kleben geblieben war. Oder sie war hierher geschwommen und hatte sich die Krallen beim Kratzen an den rostigen Stahlplanken der Uferbefestigungen aus bis aufs Blut abgekratzt (das ist sehr schmerzhaft, denn die Krallen der Katzen enthalten Nerven und Blutgefäße!) bei dem vergeblichen Versuch, sich wieder an Land zu ziehen… Vielleicht hatte sie durch Zufall dann erst eine nahe gelegene Furt gefunden, die ihr ermöglichte, an Land zu gehen.

Unten: Herr Adler musste die festhängende Katze von den Kletten abschneiden. Unten sieht man noch ihre Haare an den Ranken hängen: Wer weiß wie diese Pflanze heißt? Die Katze hatte sich stark eingekotet, daher wissen wir, dass sie unterwegs gefressen haben muss und dass sie schon einige Zeit dort festgehangen hatte. Sie hatte im Griff der Schlingpflanze  ihr verklebtes Fell nicht mehr selber säubern können. Wir wissen nicht, wie lange sie schon (am 8. Tag nach dem Ausreißen) dort gefangen war, als Herr Adler sie bemerkt und dann gleich in seiner Anglertasche mit nach Hause genommen hatte.

 

Dadurch, dass sie keine Krallen mehr an den Vorderpfoten hatte, konnte sie aber auch keine Maus und keinen Vogel mehr fangen. Deshalb war sie, als Herr Adler sie gefunden hatte, stark abgemagert und auch schon schwach.

Wir waren uns schon beim Anruf von Herrn Adler sofort ganz sicher, dass es „unsere Mika“ war, die er gefunden und gerettet hatte. 20 Minuten später waren wir bei ihm. Oostebrings, die inzwischen schon wieder mit ihrem Boot zu Hause in Holland angekommen waren, hatte wir bei diesem Besuch in der Telefonleitung. Mika fand unser Stadtkatzen-Team sofort nett und interessant. Mika scheu? Diese Zeiten waren vorbei! Noch interessanter als uns fand Mika aber den ungesicherten Balkon von Herrn A im 1. Stock, um den herum es zwitscherte und flatterte. Die Balkontür stand offen. Herr Adler behauptete ganz gelassen: „Ach, die springt doch nicht!“ Uns trieb es den Angstschweiß auf die Stirn. Deshalb waren wir froh als Herr Adler seine Geschichte zu Ende erzählt hatte und die Katze endlich in unserer Transportbox saß.

Unten: Wir brachten sie in eine EINZELPFLEGESTELLE (und nicht etwa in unsere keineswegs keimfreien Katzenwohnung!) Dort wartete sie darauf, dass ihre Familie nach Berlin zurückkommt um sie abzuholen. Wir hatten nicht den Eindruck, dass es ihr damit eilig war, denn sie schien sich gut zu unterhalten:

Was hat Mika für Glück gehabt, dass sie von einem achtsamen Tierschützer gehört, mitgenommen und gut versorgt worden war! Die für Tiere richtige Sorte Berliner eben. Ein Mann mit Herz, Verstand, Mitgefühl und Katzenkenntnissen. Die Katze liebt nun Menschen, auch fremde, sie folgt ihnen und freut sich, wenn sie bespielt und beschmust wird. Herr Adler ist offenbar ein Katzenflüsterer… Wir möchten gern, dass er weiter mit uns zusammenarbeitet.

Herr Adler rettet übrigens nicht nur Katzen. Er hat dieses Jahr auch schon 4 Füchse lebendig aus dem Wasser geholt, sagte er. Auch dafür bedanken wir uns bei ihm im Namen aller von ihm geretteten Tiere.

  1. 7. 2015:

Heute um 12 h waren Oostebrings schon wieder, d.h. zum 3. Mal in 4 Wochen, hier in Charlottenburg, dieses Mal mit dem Auto. Sehr froh haben sie ihre zufriedene Katze abgeholt, die zunächst, ganz nach Katzenart, für etwa  5 Minuten das Wiedererkennen ihrer Eigentümer verweigert hat. Wir hatten inzwischen die Katze auf Mikrochip gescannt und die gelesene Chipnummer dieser Fundkatze mit der in ihrem Impfpass vergleichen: sie stimmten überein. Oostebrings hatten uns ja die Kopie der Nummer aus dem Impfpass bereits am Tag des Verlusts (5. 7. 2015) zukommen  lassen:

Dann war die kleine Süße doch sehr  zufrieden, endlich wieder auf Frauchens Arm hocken zu können.

 

Und wie froh war Frauchen!

Das war nun also die glückliche Geschichte von Mikas Besuch in Berlin und beim Berliner Stadtkatzen e.V. So richtig versteht man als Mensch mit der Katzenerfahrung „Man kann gar nicht so dumm denken wie es kommt“ nicht, warum die Katze alles, was sie erlebt und überlebt hat, so wie es gelaufen ist, völlig in Ordnung findet. Sie meint ja auch nicht, dass es irgend jemandes Schuld ist, dass es so kam.

Eine Gänsehaut habe ich bekommen, als mir Herr Oostebring beim Abholen der Katze erzählt hat, dass er auf dem Rückweg nach Holland mit seinem Boot durch den Westhafen fahren musste, weil die Schleuse Charlottenburg geschlossen war. Oostebrings sind also mit ihrem Boot genau an der Stelle vorbeigefahren, wo ihre Katze im Busch gehockt und sie gesucht oder auf sie gewartet hatte und aus dem sie nicht mehr wegkommen konnte – allerdings 13 Tage nachdem Herr Adler sie aus diesem Busch befreit hatte.

Haben wir auch etwas gelernt?

  1. Wir haben gelernt, dass Schiffskatzen offenbar schwimmen können und dass sie (oder nur die von Holländern?) an den Ufern der Kanäle bleiben, wenn sie das Boot ihrer Halter suchen.
  2. Wir haben Ortskenntnisse erworben und kennen nun die Wasserstrassen von Charlottenburg besser als vorher.

2 a – roter Punkt: dort ist Mika am 5. 7. 15 vom Boot gesprungen

2 b – grüner Punkt: dort wurde Mika von Herrn Adler gefunden

2 c – lila Punkt: dort wurde sie von uns am 27. 7. in Empfang genommen.

Katzenwissen:

  1. Wir haben begriffen, dass wir leise und lauschend und ZU FUSS gehen müssen, wenn wir eine Katze (wieder-)finden wollen. D.h., wir brauchen um so mehr Leute je größer das Gebiet ist, das es zu plakatieren und zu erforschen gilt.
  2. Oostebrings erzählten uns heute, dass ihnen auf ihrer Bootsreise von Groningen über Berlin nach Eisenhüttenstadt sehr viele tote Tiere im Wasser begegnet sind, vor allem Rehe.

Wir meinen, das liegt an den zu langen Strecken von metallbeplankten Steilufern der Schifffahrtskanäle und Wasserstrassen. Diese langen Strecken ohne Furten verhindern, dass Tiere wieder an Land können, nachdem sie ins Wasser gegangen oder gefallen sind. Es braucht mehr Furten oder Kletterhilfen in dichteren Abständen.

RenaLu für BeStKatz 2015

Die Seite wurde zuletzt geändert am 28 Juni 2017.